Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen
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und eine Musik zu beurtheilen sey. |
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20. §. |
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Bey der Kirchenmusik der
Protestanten kommen von oben er-
zählten Stücken noch vor: Ein Theil von der Messe, nämlich das Kyrie und das Gloria, das Magnificat, das Te Deum, einige Psalmen, und die Oratoria, mit welchen die, aus dem prosaischen biblischen Texte, mit untermischeten Arien und einigen poe- tischen Recitativen, bestehenden Passionsmusiken einige Verwandt- schaft haben. Das übrige besteht aus Musiken über willkührliche Texte, die meistens im Cantatenstyle, mit untermischeten biblischen Sprüchen welche nach Art der Psalmen ausgearbeitet werden, gesetzet sind. Der Text hiervon ist entweder auf die Sonn- und Festtagsevangelien, oder auf gewisse besondere Umstände, als Trauer-und Trauungsmusiken, ge- richtet. Die Anthems der Engländer werden gemeiniglich nach Art der Psalmen ausgearbeitet; weil sie größtentheils aus biblischen Worten bestehen. |
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21. §. |
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Ueberhaupt wird zur Kirchenmusik, sie möge bestehen worinn sie
wolle, eine ernsthafte und andächtige Art der Composition, und der Aus- führung, erfodert. Sie muß vom Opernstyle sehr unterschieden seyn. Es wäre zu wünschen, daß solches, um den dabey gesucheten Entzweck zu erreichen, allemal, besonders von den Componisten gehörig beobach- tet würde. Bey Beurtheilung einer Kirchenmusik, welche entweder zum Lobe des Allerhöchsten aufmuntern, oder zur Andacht erwecken, oder zur Traurigkeit bewegen soll, muß man Acht haben, ob die Absicht, vom Anfange bis zum Ende beobachtet, der Charakter einer jeden Art unter- halten, und nichts, was demselben zuwider ist, mit eingemischet worden sey. Hier hat ein Componist Gelegenheit, seine Stärke sowohl in der sogenannten arbeitsamen, als in der rührenden und einnehmenden Schreib- art, (diese ist aber der höchste Grad der musikalischen Wissenschaft,) zu zeigen. |
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22. §. |
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Man wolle nicht glauben, daß bey der Kirchenmusik lauter soge-
nannte Pedanterey vorkommen müsse. Die Leidenschaften, ob gleich ihre Gegenstände unterschieden sind, müssen hier sowohl, ja noch sorg- fältiger als auf dem Theater, erreget werden. Die Andacht setzet ihnen nur hier die Gränzen. Ein Componist, der in der Kirche nicht rühren kann, wo er eingeschränkter ist, wird dasselbe auf dem Theater, wo er |
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mehrere |
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