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Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen

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Einleitung.

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  jedes Stück in seinem Geschmacke zu spielen weis; der die Scholaren auf-
zuhalten suchet; der nicht die Ehre dem Eigennutz, die Beschwerlichkeit
der Bequemlichkeit, und den Dienst des Nächsten der Eifersucht und
Misgunst vorzieht; überhaupt, der nicht das Wachsthum der Musik
zu seinem Endzwecke hat; ein solcher Meister, sage ich, kann keine guten
Scholaren ziehen. Findet man aber einen Meister, dessen Scholaren
nicht nur reinlich und deutlich spielen, sondern auch im Zeitmaaße recht
sicher sind: so hat man gegründete Ursache, sich von diesem Meister gute
Hofnung zu machen.

10. §.

  Ein großer Vortheil ist es für einen der sich mit Nutzen auf die Mu-
sik legen will, wenn er gleich im Anfange einem guten Meister in die
Hände geräth. Einige haben das schädliche Vorurtheil, es sey nicht nö-
thig, zur Erlernung der Anfangsgründe gleich einen guten Meister zu
haben. Sie nehmen öfters aus Sparsamkeit den wohlfeilsten, und folg-
lich nicht selten einen solchen, der selbst noch nichts weis: da denn ein
Blinder dem andern den Weg weiset. Ich rathe das Gegentheil an.
Man nehme gleich beym Anfange den besten Meister, den man nur be-
kommen kann; sollte man demselben auch zwey oder dreymal mehr bezah-
len müssen, als andern. Es wird erstlich in der Folge nichts mehr kosten:
zum andern ersparet man sowohl Zeit, als Mühe. Bey einem guten
Meister kann man es in einem Jahre weiter bringen, als bey einem
schlechten vielleicht in zehn Jahren.

11. §.

  Ob nun zwar, wie hier gezeiget worden, an einem guten Meister,
der seine Lehrlinge gründlich unterweisen kann, sehr vieles liegt: so kommt
doch fast noch mehr auf den Scholaren selbst an. Denn man hat Exem-
pel, daß gute Meister oftmals schlechte Scholaren; schlechte Meister hin-
gegen gute Scholaren gezogen haben. Man weis, daß sich viele brafe
Tonkünstler bekannt gemacht, die eigentlich keinen andern Meister gehabt
haben, als ihr großes Naturell, und die Gelegenheit viel Gutes zu hö-
ren; die aber durch Mühe, Fleiß, Begierde und beständiges Nachfor-
schen weiter gekommen sind, als manche, die von mehr als einem Meister
unterrichtet worden. Deswegen wird von einem Scholaren ferner: ein
besonderer Fleiß und Aufmerksamkeit erfodert. Wem es hieran fehlet,
dem ist zu rathen, sich mit der Musik gar nicht zu beschäftigen; in sofern
er sein Glück dadurch zu machen gedenket. Wer Faulheit, Müßiggang,
oder

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