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Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen

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und eine Musik zu beurtheilen sey.

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  und in einem überhäuften Zusatze der willkührlichen Auszierungen. Er
hat von einigen berühmten Instrumentisten seinen Ursprung genommen,
welche sich von Zeit zu Zeit in der Setzkunst, besonders aber auf ihren
Instrumenten, durch Ausführung vieler Schwierigkeiten, hervorgethan
haben. Sie müssen aber dabey auch von so unterschiedener Gemüthsbe-
schaffenheit gewesen seyn, daß der eine dadurch auf diesen, der andere
auf einen andern Geschmack verführet worden; welchen nachgehends ihre
Anhänger immer weiter fortgepflanzet haben: so daß dadurch endlich aus
einem gründlichen, ein frecher und bizarrer Geschmack entstanden ist.
Die Eifersucht, welche in Welschland zwischen den Sängern und Instru-
mentisten, und zwischen den Instrumental- und Vocalcomponisten im-
mer herrschet, kann auch etwas zu dieser Absonderung beygetragen haben.
Die Sänger wollen den Instrumentisten den Vortheil nicht gönnen,
durch das Sangbare, so wie sie, zu rühren: sie maßen sich ohne dem, oh-
ne Unterschied, eines Vorzugs über die Instrumentisten an. Diese aber
wollen jenen nichts nachgeben; sie suchen also, ob es nicht möglich sey,
mit einer andern Art, eben so gut als jene, zu gefallen. Dadurch sind sie
aber, zum Schaden des wahrhaftig guten Geschmackes, fast auf das
Gegentheil verfallen.

58. §.

  Zweene berühmte lombardische Violinisten, welche ohn-
gefähr vor etlichen und dreyßig Jahren, nicht gar lange nach einander,
angefangen haben bekannt zu werden, haben hierzu insonderheit viel bey-
getragen. Der erste war lebhaft, reich an Erfindung, und erfüllete
fast die halbe Welt mit seinen Concerten. Obwohl Torelli, und nach
ihm Corelli hierinne einen Anfang gemachet hatten: so brachte er sie
doch, nebst dem Albinoni, in eine bessere Form, und gab davon gute Mu-
ster. Er erlangete auch dadurch, so wie Corelli durch seine zwölf Solo,
einen allgemeinen Credit. Zuletzt aber verfiel er, durch allzuvieles und
tägliches Componiren, und besonders da er anfieng theatralische Singmu-
siken zu verfertigen, in eine Leichtsinnigkeit und Frechheit, sowohl im
Setzen, als Spielen: weswegen auch seine letztern Concerte nicht mehr
so viel Beyfall verdieneten, als die erstern. Man saget von ihm, daß
er einer von denen sey, die den sogenannten lombardischen Geschmack,
welcher darinne besteht, daß man bisweilen, von zwo oder drey kurzen
Noten, die anschlagende kurz machet, und hinter die durchgehende einen
Punct setzet, s. V. Haupst. 23. §, und welcher Geschmack ohngefähr im
Jahre

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