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Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen

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Einleitung.

 
 

zu werden; die Verhältniße der Töne kennen zu lernen; in Haltung des
Zeitmaaßes und im Notenlesen recht fest zu werden; die Harmonie zu
erlernen, und vornehmlich, alles was zu einem guten Vortrage erfordert
wird, recht in Ausübung zu bringen.

18. §.

  Wer sich in der Musik hervor zu thun wünschet; der muß die Erler-
nung derselben nicht zu spät anfangen. Wer sich in solchen Jahren dazu
begiebt, wenn die Gemüthskräfte nicht mehr im Wachsthume, oder wenn
der Hals oder die Finger nicht mehr biegsam sind; und also keine rechte
Fertigkeit erlangen können, weder die Triller, und die kleinen feinen
Auszierungen oder Propretäten, noch die Paßagien rund und deutlich
zu machen: der wird nicht sonderlich weit kommen.

19. §.

  Ein Musikus muß sich ferner nicht mit allzuvielen andern Dingen
beschäftigen. Fast eine jede Wissenschaft erfodert ihren eigenen Mann.
Es ist zwar hier keinesweges die Meynung, als ob es eine Unmöglichkeit
sey, in mehr als einer Wissenschaft zugleich, vortrefflich zu seyn. Es
wird aber in gleichsam ausserordentliches Talent dazu erfodert, derglei-
chen die Natur nur selten hervorbringt. Viele versehen es hierinne. Ei-
nige haben die Begierde alles zu erlernen, und fallen, ihrer veränderli-
chen Gemüthsbeschaffenheit zufolge, von einer Sache auf die andere;
bald auf dieses, bald auf jenes Instrument; bald auf die Composition;
bald auf andere Dinge ausser der Musik; und erlernen, wegen ihrer Wan-
kelmuth, weder eins noch das andere aus dem Grunde. Einige, die
sich anfänglich etwa einer der höhern Wißenschaften widmen, treiben die
Musik viele Jahre als ein Nebenwerk. Sie können nicht die gehörige Zeit,
so die Musik erfodert, darauf wenden; und haben weder Gelegenheit
noch Mittel gute Meister zu halten, oder etwas gutes zu hören. Oef-
ters lernen sie nichts mehr als etwa Noten lesen; und durch einige Schwie-
rigkeiten, ohne guten Vortrag und Geschmack, ihren Zuhörern einen
blauen Dunst vor die Augen zu malen: und sofern sie das Glück haben,
im Lande der Blinden einäugige Könige zu werden, und einigen Beyfall
zu erhalten; gerathen sie, aus Mangel der Erkenntniß, leicht auf den
falschen Wahn, als ob sie wegen ihrer übrigen Wißenschaften, vor andern
Tonkünstlern, die zwar nicht auf hohen Schulen studiret, aber doch
mehr Musik als sie erlernet haben, einen Vorzug verdieneten. Einige
treiben die Musik blos aus Mangel des Unterhalts, ohne den geringsten
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